Die Große Transformation der Weltgesellschaft — das Beispiel Bitnation
Die Digitalisierung ist mittlerweile als Schlagwort in der Wissenschaft und auch in den Unternehmen angekommen. Das Digitale steht dabei als Chiffre für einen großen Umbruch. Unklar bleibt, was sich alles ändert — und warum.
Nach meiner Theorie der Großen Transformation zur Webgesellschaft verläuft der Wandel nicht ursächlich von “analog” zu “digital”, sondern von einer Massengesellschaft zu einer Gesellschaftsform im Weltsystem, bei der neue digitale Formen der vernetzten Kooperation entstehen, die wir gestalten können. Gerade dann, wenn sich Staatlichkeit “virtualisiert” brauchen wir die Webgesellschaft.
Dr. Gerald Fricke, Bitnation vs. Webgesellschaft. SHIFT, Deutsche Welle, 15.03.2016.
Läuft es also alles auf eine Welt ohne Staaten hinaus? Die Deutsche Welle hat mich über darüber interviewt, am Beispiel von “Bitnation” (siehe das Video). Das Bitnation-Konzept sieht vor, den Staat abzuschaffen, im Internet, analog zu “Bitcoins”, die das Geld ersetzen sollen. Das klingt erstmal alles verrückt, aber es lohnt sich, einmal darüber nachzudenken, wie denn eine solche Welt aussehen könnte — und was sie zur Folge hätte. Ich habe die These aufgestellt, dass wir auch in einer “Bitnation” eine Webgesellschaft brauchen. Mein Statement:
“Bitnation ist im Kern das anarcho-liberitäre Konzept eines Minimalstaates im Internet. Ich mag es, die Dinge in Frage zu stellen, aber auch in einer Webgesellschaft gelten die guten alten Kategorien von Macht, Interesse, Herrschaft.
Immer wichtiger werden neue dezentrale Verhandlungssysteme. Eine zentrale politische Steuerung heißt heute Handlungskoordination. Oder übertragen auf das Web: Die Schaffung von Assoziationsräumen im Internet, in denen die eigenen Themen und Geschichten vorkommen und weiter erzählt werden. Dabei sind es nicht mehr die klassischen Akteure, die handeln und ihre Interessen vertreten, sondern neue Akteurs-Netzwerke. Die zentrale Einheit bleibt weiterhin nötig, um die öffentliche Sache und die allgemeine Wohlfahrt zu schützen, meine ich.”